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EINZELPROJEKTE / FERMIN SUTER

 

Die Emotionen des Reisens

Fermin Suter

 

AFD

A. R. Wallace: Victor Evstafieff

Wie prägen Emotionen eine Reise und das Schreiben darüber? Die Reise als ein aussergewöhnlicher Vorgang hält zahlreiche emotionale Heraus­forderungen bereit. So sind Konzepte wie ‘Fremdheit’ oder ‘Kultur’, mittels deren Reisende sich orientieren, nicht nur selbst emotional wirksam, sie werden vielmehr ihrerseits durch emotionales Erleben bestätigt oder herausgefordert. Trotz dieser konstitutiven Rolle für individuelle Fremderfahrung sind Emotionen gerade in den Postcolonial Studies und in der Reiseliteraturforschung kaum zum Thema gemacht worden.


Am Beispiel Indonesien werden anhand vorwiegend jüngerer Texte aus Literatur, Sozialanthropologie und Journalismus die Emotionen des Reisens als zentrale Kategorie von Fremdwahrnehmung und -erleben beschrieben. Als emotional effektvolle Phantasmagorie einer Zivilisationsgrenze (Douglas Adams, Luise Rinser, Ernst Jünger) oder eines Archipels der Naturwunder und synkretistischen Religionen (Cees Nooteboom, V. S. Naipaul) ist Indonesien ein traditionsreicher literarischer Topos. Ein ‘postkolonialer Blick’ (Multatuli, Hermann Hesse), Tourismuskritik (Christian Kracht, Nigel Barley) sowie Reflexionen der postkolonialen indonesischen Staats- und Identitätsbildung (Benedict Anderson, Marie Colvin, Hans Christoph Buch) sind ebenso Bestandteil einer zeitgenössischen europäischen Perspektive auf Indonesien wie das exotistische Bali-Bild oder sozialanthropologische Theoriepositionen (Margaret Mead, Clifford Geertz, Andrew Beatty).


Entgegen einem verschiedentlich propagierten ‘affective turn’ wurden literatur­wissenschaftliche Methoden bisher nur in Einzelfällen auf das Thema Emotionen angewandt. Die Arbeit verfolgt deswegen in einem multimethodalen Zugang das Ziel, klassische Methoden der Textanalyse mit Ansätzen der Korpuslinguistik und computergestützten Analysemethoden wie der Sentimentanalyse zu einer Methode der literaturwissenschaftlichen Emotionsanalyse zu kombinieren.


Ausgehend von der Annahme, dass emotionales Erleben für Modi der Darstellung und Sinngebung in Reisetexten ebenso zentral ist wie diskursive Kontexte, untersucht die Dissertation, wie die Emotionen des Reisens in dreifacher Hinsicht relevant für das Schreiben über das ‘Fremde’ und das ‘Andere’ werden: Indem sie das Erleben prägen, Wissen generieren, und so Formen des Erzählens beeinflussen. Die Analyse spezifischer Emotionspoetiken, die im Spannungsfeld von persönlicher Erfahrung und konventionalisiertem Narrativ anzusiedeln sind, knüpft somit auch an die diskurskritische und dekonstruktivistische Tradition der Postkolonialen Theorie an.

 

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